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Monthly Dispatch
Monatsbrief der VILLA ROMANA – Juni 2023

Die letzten Wochen waren die intensivsten der letzten Monate in der Villa Romana.

Die Hitze und die sommerliche Stimmung erfüllten das Haus mit Freude und Wärme. Aber vor allem auch die wunderbaren und inspirierenden Menschen, die mit uns wohnten und arbeiteten, trugen dazu bei, uns in die neue Jahreszeit zu begleiten: eine Zeit, die auf sozialen Praktiken des Teilens und gemeinschaftlichen Miteinanders beruht. Zu Monatsbeginn nahmen einige Preisträger*innen und Mitglieder unseres Teams an der Wiedereröffnung des Hauses der Kulturen der Welt (HKW) in Berlin teil: Diana Ejaita präsentierte im Rahmen der Ausstellung O Quilombismo ihre Arbeit Bodies, Tales, and Landscapes. Progression III (2023), an dessen Entwicklung in ihrem Atelier in der Villa wir zuvor teilhaben durften. Am Eröffnungsprogramm des neuen Direktors Bonaventure Soh Bejeng Ndikung beteiligten sich Künstler*innen mit radikalen und außergewöhnlichen Arbeiten vieler der miteinander verflochtenen internationalen Gemeinschaften, die für unsere Arbeit in der Villa von zentraler Bedeutung sind. Wir glauben, dass sich die Kraft des Durchhaltens und der Verschiebung und Transformation kanonischer Strukturen vor allem aus Praktiken zur Förderung des Zusammengehörigkeitsgefühls, von Freundschaften und Solidarität entwickelt. An diesem langen Wochenende im HKW wurden die eindrucksvollen Arbeiten vieler Künstler*innen und Kolleg*innen für uns zu einer Inspirationsquelle für neue Perspektiven und Visionen.

Zurück in Florenz, wo in der Zwischenzeit die Kinder in Italien bereits ihre dreimonatigen Sommerferien (!) begonnen hatten, wurde das künstlerische Leben in der Villa immer lebendiger. Am 8. Juni haben wir zu unserem ersten Grillabend des Jahres alte und neue Freund*innen der Villa Romana eingeladen. Der aus Florenz stammende und jetzt in Berlin lebende Künstler Giacomo Zaganelli, der die permanente Installation La grande Griglia im Garten der Villa Romana geschaffen hat, kümmerte sich besonders um uns, und wir verbrachten einen gemeinsamen Abend mit vielen neuen Begegnungen und Gesprächen. Im Haus begannen die Vorbereitungen für ein Projekt, das wir schon seit einiger Zeit geplant hatten: zwischen dem 12. und 18. Juni trafen sich Künstler und Studenten des MA in Spatial Strategies der Kunsthochschule Weißensee Berlin (Deutschland) und Mitglieder des Kollektivs blaxTAIRLINES - von K.N.U.S.T im Kumasi College of Art (Ghana) - zu einem einwöchigen Workshop und Kurzaufenthalt in der Villa Romana. Dieses Treffen stellte zugleich eine Aktivierung der künstlerischen Praxis des Villa Romana-Preisträgers Samuel Baah Kortey dar. Das Gemeinschaftsprojekt experimentierte mit praxisbasierter Forschung zu Formen des „Commoning“ als Möglichkeit zur Umstrukturierung der sozialen und ökologischen Gerechtigkeit. Unter der Aufforderung, „Beyond Wishful Thinking“ zu praktizieren, wurde das Treffen und die Aktivierung zu einer Gelegenheit, über Formen der emanzipatorischen Kunstvermittlung und des Zusammenlebens nachzudenken. Wir danken allen Künstler*innen und Praktiker*innen, die an dieser bereichernden und tief inspirierenden Erfahrung teilgenommen und den gesamten Raum der Villa Romana –besonders den Garten, die Küchen, verborgene Ecken und Nischen –  mit eindrucksvollen Projekten und künstlerischen Interventionen aktiviert haben: Fernanda Aloi, Franziska Lentes, Cau Silva, Mohamed Ali Oueled Ltaief, Maria Fallada, Farokh Falsafi, Margarete Kiss, Sayaka Shinkai, Philip Hergenroether, Mariana Garcia, Rebecca Korang, Reem Alfahad; und vom blaxTAIRLINES-Kollektiv, Rosemary Esinam Damalie und Frederick Ebenezer Okai. Ein besonderer Dank gilt unserem Preisträger Samuel Baah Kortey, Mitbegründer des Kollektivs blaxTARLINES, der für uns im Hauptraum der Villa Romana einen Ort der Reflexion geschaffen und ein eigens für diesen Anlass produziertes Kunstwerk installiert hat. Da sich ein Großteil der metatheoretischen Fragen und Überlegungen auf die Lehre von Professor Kąrî'kạchä Seid'ou am Kumasi College of Art und seine Überlegungen zur Form des Kunstgeschenks und der Verantwortung, die mit der Wahl der Kunstausübung verbunden ist, konzentrierte, luden wir einen weiteren „Schülers“ von Kąrî'kạchä Seid'ou zu einem Vortrag ein: am 15. Juni referierte der Künstler Ibrahim Mahama über den Quagrey Effect and the Precarious Gift. Ein herzlicher und warmer Abend mit vielen Menschen, Musik und gemeinschaftlichem Essen bildete den Abschluss eines ereignisreichen Tages mit Vorträgen, an dem auch The Recovery Plan und ihre Gäste vom Justice in Geoscience Retreat teilnahmen. Der Workshop der Student*innen wurde bis zum Ende der Woche fortgesetzt, und es entstanden viele neue Kooperationen und Freundschaften mit dem Team und anderen Künstler*innen, die in der Villa wohnten. Auch der experimentelle Klangkünstler Lamin Fofana, der ebenfalls für einen kurzen Aufenthalt in der Villa Romana weilte, wirkte an vielen Aktivitäten im Haus mit und teilte großzügig seine Ideen und sein Wissen mit uns.

Wie schon in unserem letzten Dispatch angekündigt, war das andere große Ereignis des Monats die Mittsommernacht am 21. Juni: ein ganz besonderer und beispielloser Abend, eine Huldigung der Sonne und der Sterne am Tag der Sommersonnenwende. Unter dem größten Olivenbaum der Villa fand eine Reihe von Klang-Perfomances vor einem dankbaren Publikum statt, das sich auf die Wiese legte, um die erweiterte Klangerfahrung voll zu genießen. SADI komponierte Klanglandschaften, die mit der Natur und den Gegebenheiten des Gartens interagierten; Lamin Fofana beeindruckte uns mit einem Set, das ermutigende politische Reden, karibische und schwarze Grooves und atemberaubende Poesie wie Kumina von Kamau Brathwaite miteinander verknüpfte. Zum Abschluss erforschte unsere Preisträgerin Jessica Ekomane gemeinsam mit Afrorack eine selbst entwickelte Technologie aus einem afrikanischen Kontext südlich der Sahara - ein kollaborativer Dialog, der vor einiger Zeit begann und in der Villa Romana auf besondere Weise gefeiert wurde.

Wie jedes Jahr um diese Zeit waren wir Gastgeber der siebten Ausgabe des African Diaspora Cinema Festivals unter der Leitung von Fide Dayo. Vier Abende mit Filmvorführungen, Musik, Debatten und Performances bildeten den Abschluss des Monats. Villa Romana hatte das Vergnügen, einen der Filme im Wettbewerb auszuzeichnen: Can we not be so self-centered and keep our experiences to ourselves? Diasporic remembrances of Fasia Jansen, Regie: Aline Benecke. Ein bewegender Film über Schwesternschaft und Kameradschaft, das über den Begriff der Gemeinschaft hinausgeht; ein Film, der die Energie, die Arbeit und die Beziehungen anerkennt, die Schwarze Menschen miteinander verbinden. Ein wunderbares Hommage an das Leben von Fasia Jansen, der schwarzen deutschen Aktivistin und Liedermacherin, die ihr Leben mit einer beeindruckenden Sammlung von Protestsongs verschiedenen politischen Kämpfen widmete. Die Regisseurin und ihr Team schreiben: „Unser Wunsch war es, uns mit Fasia aus einer Black-Queer-Perspektive zu beschäftigen, ihre Position zu verstehen und damit auch über unsere zu diskutieren. Wir taten dies, indem wir ihre Lieder und ihre Gefühle zusammenstellten und vortrugen. Unser Chor - das Fasia Jansen Ensemble - ist eine spirituelle Anrufung.“

Um die Arbeit internationaler Künstler*innen im Bereich des Films weiter zu unterstützen, hat die Villa Romana in Zusammenarbeit mit Lo Schermo dell'Arte - Festival für Kino und zeitgenössische Kunst Teilnehmer*innen für ihren VISIO-Produktionsfonds ausgewählt, der es jüngeren Künstlergenerationen finanziell ermöglicht, neue Werke zu entwickeln.

Im Rahmen der wichtigen Arbeit und des Engagements für den Diskriminierungsschutz in der Villa Romana trafen wir uns am 26. Juni mit einer Gruppe von Expert*innen, um ein Protocol of Anti-Discrimination and Policy of Respect and Cohabitation zu entwerfen, das bald umgesetzt und veröffentlicht werden soll.

Der Sommer ist plötzlich sehr heiß geworden, aber auch wenn uns einerseits die Mücken ernsthaft belästigen, so ist andererseits das Zirpen der Zikaden endlich sehr laut geworden und erfreut unsere Ohren. Und als ob die Hitze noch nicht genug wäre, hat Frederick Ebenezer Okai von blaxTAIRLINES mit dem Bau eines großen und besonderen Brennofens begonnen, den alle Künstler*innen der Villa Romana in Zukunft nutzen können!

Stay tuned und halten Sie sich bereit für die heißen Vibes aus dem House For Mending, Troubling, Repairing!

SAVE THE DATES!!!

21. Juli 2023
LA VOLATA - SHE FLIES
(out of her body not her mind)
wilde Zeremonien, großzügige Opfergaben und Übergangsrituale

Die Villa Romana freut sich, Sie zu LA VOLATA - SHE FLIES – am 21. Juli einzuladen. Die Veranstaltung beginnt am frühen Nachmittag im Schatten der Bäume und endet am späten Abend im Licht der Sterne.
Die Anlässe sind vielfältig: ein Sommerfest in unserem Haus, mit dem wir rituell eine Jahreszeit abschließen und uns für die nächste regenerieren, und zwar in Verbindung mit einem traditionellen süditalienischen Volksfest, A Vuláta, dem Fest des Wahnsinns, was im kalabresischen Dialekt wörtlich „den Verstand verlieren“ bedeutet. Dieses Fest kommt aus dem tiefen Süden Italiens zu uns nach Florenz und stammt vor allem aus der historischen Zeit von Paola und San Lucido, zwei Gemeinden am unteren Tyrrhenischen Meer. Wie jedes Volksfest, das nicht nur zu Marketingzwecken erfunden wurde, hat auch dieses Fest im Laufe des letzten Jahrhunderts viele Erneuerungen erlebt, die im Verlauf der Geschichte unterschiedliche Ausdrucksformen fanden. In Florenz verkörpert La Volata für uns die Gelegenheit, uns mit verschiedenen Praktiken von Diskussion und mit kollektiven Ritualen der Übergänge, des Widerstands und der Flucht auseinanderzusetzen, aber auch und vor allem mit der kollektiven Kraft und der Arbeit von Gemeinschaften, die durch Solidarität überleben. Wir bezeichnen sie als eine Metapher der Katharsis, mit ihrer heilenden Kraft, die dazu ermutigt, vorübergehend aus dem Alltag zu flüchten.
LA VOLATA - SHE FLIES wird ein Abend voller Geselligkeit sein, in der Musik, Essen, Performativität und Tanz als kollektive emanzipatorische Praktiken inszeniert werden, um traditionelles Wissen aus den Gebieten des italienischen Südens und dessen Transformation durch die Migration nach Deutschland mit der experimentellen künstlerischen Forschung, die sich derzeit im Haus entfaltet, zu verweben.
Zu den Gästen, die an den Feierlichkeiten teilnehmen werden, gehören: Emeka Ogboh und Chiara Figone, Nando Bruscò, Antonia und Maurizio Alampi, Doris Maninger, Tomás Saraceno, Jasmina Metwaly, Neda Saeedi, Jeanette Bisschops, das Kollektiv des Archive Ensemble, Lynhan Balatbat, Aerocene, Maxi Llaina und viele andere.

Die Veranstaltung wird von Villa Romana im Gespräch mit Antonia Alampi kuratiert.

31. Juli – 5. August 2023
TAKEOVER

Vom 31. Juli bis zum 5. August 2023 wird in der Villa Romana das Projekt Takeover von und für Kinder entworfen, entwickelt und ausgestellt. Das Programm bewegt sich an der Schnittstelle zwischen Kunst und Bildung. Künstler*innen des Vereins Archipel werden zusammen mit dem Musiker Dudù Kouate und den Pädagoginnen Marzia Duarte und Ilaria Cavalinni mit Kindern aller Altersgruppen an einem Programm arbeiten, das die Freude, das Chaos und die Umwelterfahrung der Kinder einbezieht. Zwischen nonverbaler und mehrsprachiger Kommunikation schwankend, wird es in dieser Woche darum gehen, die kollektive Arbeit mit den Kindern ebenso zu erproben wie die generationenübergreifende künstlerische Forschung, die der Villa Romana den Weg zur Einrichtung eines Kinderbeirats ebnet.

16. -17. September 2023

OPEN STUDIOS Villa Romana und Eröffnung der Ausstellung
A House is a House is a House

Traditionell öffnet die Villa Romana im September ihre Türen und Künstlerateliers für ein großes Publikum. Am 16. und 17. September präsentieren wir die Arbeit unserer vier Villa Romana-Preisträger*innen - Samuel Baah Kortey, Diana Ejaita, Jessica Ekomane und Pınar Öğrenci - zusammen mit der Arbeit anderer außergewöhnlicher Künstler*innen im Rahmen der Ausstellung A House is a House is a House und einer Reihe von Beiträgen und Performances in der Villa und im öffentlichen Raum.

Die bisherigen Dispatches können Sie hier lesen.
 
 
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